Zentralfriedhof Wien
Der Wiener Zentralfriedhof ist eine der bedeutendsten Friedhofsanlagen Europas und wurde im Jahr 1874 eröffnet. Mit einer Fläche von fast zweieinhalb Quadratkilometern und rund 330.000 Grabstellen, auf denen etwa drei Millionen Verstorbene ihre letzte Ruhestätte gefunden haben, zählt er zu den größten Friedhöfen in Europa. Im Laufe seiner Geschichte wurde der Zentralfriedhof siebenmal erweitert, zuletzt im Jahr 1921. Bei seiner Eröffnung galt er als der größte Friedhof Europas. In Hinblick auf die Anzahl der bestatteten Verstorbenen behält er diesen Titel bis heute, obwohl der Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg mit einer Fläche von vier Quadratkilometern und der Brookwood Cemetery nahe London ihn flächenmäßig übertreffen. Der Zentralfriedhof in Wien ist aufgrund seiner zahlreichen Ehrengräber, der Jugendstil-Bauwerke und seines weitläufigen Geländes eine besondere Attraktion und ein beeindruckendes Wahrzeichen der Stadt.
Heutzutage sind auf dem Zentralfriedhof verschiedene Arten von Bestattungen zu finden. Nach den schlichten und einfachen „Sparbegräbnissen“ unter Kaiser Josef II. im 18. Jahrhundert versuchte das wohlhabende Bürgertum in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Adeligen nachzueifern und prunkvolle Trauerfeiern und Begräbnisse zu inszenieren. Dies führte zur Entstehung des Konzepts der schönen Leich. Auch heute noch weckt die „schöne Leich“ das Interesse der Wiener Bevölkerung. Staatliche Begräbnisse von Politikern sowie Beerdigungen von Persönlichkeiten aus verschiedenen Bereichen sind für viele Menschen Anlass, diesen prominenten Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen. Wenn beispielsweise ein Bundespräsident beigesetzt wird, führt der Weg von der Hauptpforte zur Präsidentengruft entlang einer Straße, die von Gruppen von Ehrengräbern gesäumt ist. Auch Vertretern der zeitgenössischen Popkultur wird manchmal in großem Rahmen Abschied gewährt. Im Februar 1998 nahmen Tausende Menschen an der feierlichen Beisetzung des Popstars Falco in einem ihm gewidmeten Ehrengrab teil.
In den meisten Fällen werden Bestattungen auf dem Zentralfriedhof von der „Bestattung Wien“ durchgeführt, einem Unternehmen, das sich im Besitz der Stadt Wien befindet und zur Wiener Stadtwerke Holding AG gehört. Bis vor einigen Jahren hatte die Bestattung Wien ein Monopol. Dieses ist seit dem Jahr 2002 gefallen. Seitdem bieten auch verschiedene andere Bestatter auf dem Wiener Zentralfriedhof ihre Dienste an. Bei der Gestaltung der Verabschiedung haben die Hinterbliebenen viele Freiheiten, angefangen bei der (manchmal unkonventionellen) Auswahl der Musik während der Trauerfeier bis hin zur Möglichkeit, den Sarg auf einer historischen, sechsspännigen Trauerkutsche von der Aufbahrungshalle zum Grab zu begleiten.
Das Bestattungsmuseum befindet sich im Untergeschoss der Aufbahrungshalle 2 auf dem Wiener Zentralfriedhof. Ursprünglich als Leichenhalle für „infektiöse“ Verstorbene genutzt, wurde die Halle in den 1930er Jahren umgebaut, um die Kapazität zu erweitern. Seit 1938 war die Halle für konfessionslose Trauerfeiern reserviert. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Bau durch Bomben schwer beschädigt.
Erst in den 1960er Jahren wurde die Halle restauriert und erneut umgebaut. Dabei entstand ein einziger großer Raum, der mit weißem Marmor verkleidet wurde und „Trauerfeiern besonderen Gepräges“ ermöglichte. Der Architekt Erich Boltenstern senior, der auch den Ringturm entworfen hatte, zeichnete für dieses Projekt verantwortlich. Bei nichtchristlichen Trauerfeiern wird die Mosaik-Wandnische mit Christus am Kreuz von Hans Robert Pippal hinter einer Schiebewand versteckt. Der Saal bietet Platz für 800 Trauergäste und wurde bereits für Verabschiedungen von prominenten Verstorbenen genutzt, darunter Curd Jürgens (1982), Helmut Qualtinger (1986), Falco (1998), Peter Alexander (2011) und Rudolf Sarközi, der Obmann des Kulturvereins österreichischer Roma (2016).
Im Jahr 2014 wurde im Untergeschoss der Aufbahrungshalle das Bestattungsmuseum eingerichtet. Es verfügt über einen eigenen Eingang mit Treppe und behindertengerechter Rampe. Auf einer Ausstellungsfläche von rund 300 Quadratmetern werden etwa 250 Exponate aus den Archiven der Bestattung und der Wiener Friedhöfe präsentiert. Zu den Exponaten zählen unter anderem ein originaler Leichenwagen um 1900, Uniformen der „Pompfüneberer“ (Leichenbestatter) aus vergangenen Zeiten und der Gegenwart sowie skurrile Gegenstände wie ein Herzstichmesser und ein Rettungswecker, die dazu dienten, lebendiges Begrabenwerden zu verhindern. Ein Klappsarg aus dem Jahr 1784, der sonst nur noch in Göss zu sehen ist, zeugt von der sparsamen Bestattungspraxis zu Zeiten von Kaiser Josef II. Des Weiteren werden eine Rechnungsanweisung des kaiserlichen Hofärars für die Überführung und Bestattung von Thronfolger Franz Ferdinand und seiner Gemahlin nach dem Attentat von Sarajevo sowie andere historische Dokumente präsentiert, die Einblicke in die Bestattungskultur vergangener Epochen bieten.
Das Bestattungsmuseum zeigt auch dreizehn Monitore mit Videos, darunter bisher unveröffentlichtes Filmmaterial aus dem Österreichischen Filmarchiv. Dieses Material umfasst Aufnahmen der Begräbnisse von Kaiser Franz Joseph I. und dem pompösen Trauerkonvoi für Baron Albert Rothschild. Eine Installation präsentiert Partezettel aus verschiedenen Jahrhunderten für Verstorbene aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Kreisen, von Hausbesitzergattinnen bis hin zu ehemaligen Direktoren des Burgtheaters. Zudem gibt es eine Audioinstallation, in der man beliebte Lieder zum Thema Bestattungen und Friedhöfe hören kann.
Der Zentralfriedhof in Wien besteht aus dem interkonfessionellen „Hauptfriedhof“, auf dem Verstorbene unabhängig von ihrer Glaubensrichtung ihre letzte Ruhestätte finden können, sowie aus verschiedenen konfessionellen Friedhöfen und Abteilungen. Der überwiegende Teil des Hauptfriedhofs besteht seit jeher aus katholischen Gräbern. Darüber hinaus gibt es heute separate Bereiche für Buddhisten, Evangelische, Muslime (alte, neue und islamisch-ägyptische Abteilung), Juden (alter und neuer Friedhof), Orthodoxe (russisch, griechisch, rumänisch usw.) und Mormomen.
Trotz der Erweiterungen umfassen der Hauptfriedhof und seine interkonfessionellen Abschnitte immer noch den größten Teil des gesamten Friedhofsgeländes sowohl in Bezug auf die Fläche als auch auf die Anzahl der Grabstätten. Während der evangelische und der neue jüdische Friedhof räumlich deutlich abgegrenzt sind und über eigene Eingangsportale an der Außenmauer verfügen, sind die orthodoxen und islamischen Abteilungen sowie der mormonische und buddhistische Friedhof als Enklaven innerhalb des interkonfessionellen Teils des Friedhofs angelegt.
In der allgemeinen Umgangssprache wird oft der Begriff „Zentralfriedhof“ verwendet, um sowohl das gesamte Friedhofsgelände als auch den interkonfessionellen Hauptfriedhof zu beschreiben. Daher werden für den Hauptfriedhof im Gegensatz zu den konfessionellen Friedhöfen und Abteilungen üblicherweise keine Bezeichnungen wie „katholischer Friedhof“ oder „katholische Abteilung“ verwendet.
Berühmte Gräber
Ehrengräber und ehrenhalber gewidmete Gräber auf dem Wiener Zentralfriedhof sind eine bedeutende Attraktion des Friedhofs und dienen als letzte Ruhestätten berühmter Persönlichkeiten. Ursprünglich wurde 1885 mit der Einrichtung der ersten Ehrengräbergruppe begonnen, um den Friedhof für Besucher attraktiver zu gestalten. Seit 1954 gibt es neben den Ehrengräbern auch die Kategorie der ehrenhalber gewidmeten Gräber, die sich entweder in der Ehrengräbergruppe 40 (Ehrenhain) oder vereinzelt in anderen Bereichen des Friedhofsgeländes befinden. Insgesamt gibt es mehr als 350 Ehrengräber und über 600 ehrenhalber gewidmete Gräber auf dem Zentralfriedhof. Einige der bekanntesten Persönlichkeiten, die hier bestattet wurden, sind Ludwig van Beethoven, Johannes Brahms, Ludwig Boltzmann, Carl Ritter von Ghega, Adolf Loos und Siegfried Marcus. Das Grabmal von Wolfgang Amadeus Mozart ist zwar ein beliebtes Ziel für Touristen, enthält jedoch keine sterblichen Überreste, da Mozarts Grab auf dem Sankt Marxer Friedhof liegt. Besonders besucht wird der Ehrenhain in der Gruppe 40, wo sich ehrenhalber gewidmete Gräber von Persönlichkeiten befinden, die größtenteils nach den 1960er Jahren verstorben sind. Das Grab von Falco, dem 1998 verstorbenen Popstar, ist eines der am häufigsten besuchten Gräber in dieser Gruppe und hat sich zu einer regelrechten Pilgerstätte für Falco-Fans entwickelt.
Die Liste der Ehrengräber umfasst eine Vielzahl von prominenten Persönlichkeiten aus verschiedenen Bereichen. Unter ihnen sind Schriftsteller wie Ludwig Anzengruber, Karl Kraus und Franz Werfel, Komponisten wie Franz Schubert, Johann Strauss (Vater und Sohn) und Arnold Schönberg, Schauspieler wie Hans Moser, Curd Jürgens und Paul Hörbiger, Architekten wie Theophil von Hansen und Ernst Hoffmann, sowie Politiker wie Bruno Kreisky und Julius Raab. Diese Gräber sind nicht nur Orte des Gedenkens, sondern auch wichtige kulturelle und historische Zeugnisse. Zusätzlich zu den Ehrengräbern gibt es ehrenhalber gewidmete Gräber, die ebenfalls bedeutenden Persönlichkeiten gewidmet sind. Hier finden sich Namen wie Falco, Udo Jürgens, Christiane Hörbiger, Karl Lueger, Karl Kraus, Matthias Sindelar und Friedrich Torberg. Diese Gräber tragen zur Vielfalt und Bedeutung des Zentralfriedhofs als Ort des Gedenkens und der Erinnerung bei.
Häufige Fragen
Seit 2008 fällt die Verwaltung des Zentralfriedhofs in den Zuständigkeitsbereich der Friedhöfe Wien GmbH (früher Magistratsabteilung 43, „Städtische Friedhöfe“), zu der auch die untergeordneten Einrichtungen „Städtische Friedhofsgärtnerei“ und „Städtische Steinmetzwerkstätte“ gehören. Letztere müssen sich jedoch gegenüber einer Vielzahl konkurrierender Friedhofsgärtnereien und Steinmetzbetriebe behaupten, die entlang der Simmeringer Hauptstraße in der Nähe angesiedelt sind.
Eine der letzten gestalterischen Neuerungen auf dem Zentralfriedhof ist der „Park der Ruhe und Kraft“, der von Architekt Christof Riccabona entworfen und von der Städtischen Steinmetzwerkstätte unter der Leitung von Leopold Grausam jun. im Jahr 1999 eröffnet wurde. Es handelt sich um einen geomantischen Landschaftspark, der in fünf unterschiedlich gestaltete Bereiche unterteilt ist und Besucher zur körperlichen und geistigen Entspannung sowie zur Besinnung einlädt.